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Filter in der medialen Konstruktion der Wirklichkeit?


Jedes Jahr erstellt die Initiative Nachrichtenaufklärung eine Rangliste der zehn wichtigsten Themen, die in den Medien regelmäßig nicht berücksichtigt werden. Die 1997 von Peter Ludes (Professor für Mass Communication an der Jacobs University Bremen) gegründete Initiative hatte zum Ausgangspunkt die Beobachtung, dass es in der Medienlandschaft Deutschlands eine Themenkonjunktur gibt, bei welcher bestimmte Themen regelmäßig ausgeblendet werden. Die zehn wichtigsten und dennoch unveröffentlichten Nachrichten von 2006 waren:

1.Fehlende Therapieplätze für Medikamentenabhängige

2.Über eine Million politische Gefangene in China – unmenschliche Haftbedingungen und Organhandel?

3.Stromfresser Internet

4.Biowaffen aus dem Internet

5.Wenn Insider Alarm schlagen - Whistleblower haben in Deutschland einen schweren Stand

6.Keine Zukunft für die Sahrauis

7.MEADS: Auf welche Berater verließ sich die Bundesregierung?

8.Agrarsubventionen: EU verhindert rechtzeitige öffentliche Debatte

9.Öl-Konzern hintertreibt Klimaschutzpolitik

10.Pauschale Bonitätsprüfung

Ältere Nachrichten waren so Dinge wie die Problematik digitaler Wahlapparaturen (2005), die Problematik abgeschobener Flüchtlinge nach der Rückkehr in ihre "Heimat" (2004), oder der von den USA über die Finanzpolitik ausgeübte Druck auf die Vereinten Nationen (2002). In der Initiative herrscht an sich die Meinung, dass dieser Filterung der in Deutschland zu Bewusstsein gelangenden Meldungen keine Absicht zugrundeliegt, sondern sozusagen ein Rudeleffekt der einzelnen Nachrichtenagenturen.

Was ich über das Tagesgeschehen weiß, beziehe ich über die Medien. Diese konstruieren mein Bild der aktuellen Wirklichkeit. Die den gemeldeten Nachrichten in Qualität und zuverlässiger Recherche gleichwertigen Meldungen der Initiative stellen in der medialen Konstruktion meines Weltbildes sozusagen eine Parallelwelt dar..


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Morgen in der Bildzeitung:

Pauschale Bonitätsprüfung!

??

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Fnord

nennt man sowas auch.

Fnord bezeichnet bewusste, aber allgemein schwer erkennbare Desinformation in Texten beziehungsweise in den Massenmedien.

(mehr Infos . aufklappen)[...]das blinde Akzeptieren des Fnords wird auch mit dem Satz 'Wenn du den Fnord nicht siehst, kann er dich auch nicht essen' beworben. [...]
Fnord verweist auf die klassische Technik aller mystifizierenden Desinformation, nämlich die Glaubwürdigkeit und Unangreifbarkeit eines Beweises gerade dadurch zu untermauern, dass er für Ungläubige und Kritiker unverständlich oder unsichtbar bleiben müsse.

Genauere Beschreibung

Fnord ist der Ort wohin die Socken nach der Wäsche verschwinden
Fnord ist was du denkst wenn du nicht weisst was du denkst
Fnord ist wenn du Nachts an der roten Ampel stehst
Fnord ist die Farbe die nur der Blinde sieht
Fnord ist Morgens spät und Abends früh

Nun, dazu habe ich mehrere Dinge zu sagen (wer hätts gedacht ;)

1. beziehe ich keineswegs meine Informationen nur aus den Massenmedien, und ich denke keiner, der sich gut informieren will, sollte dies tun. (bsp "Problematik digitaler Wahlapparaturen (2005)" ging natürlich extrem durchs Netz - übrigens heute immer noch ein Problem, ein größeres gar - noch mehr infos)

2. liegt da garantiert Absicht dahinter, aber da würde ich jetzt in Verschwörungstheorien abdriften... ;-)

3. hat kerleone natürlich recht, manche Themen lassen sich in den Massenmedien schlecht unterbringen - ob das auch der Grund dafür ist, dass manche Themen einfach bescheuerte Namen bekommen? Vorratsdatenspeicherung zb? (würde ich übrigens 2007 ganz oben hinsetzen, die Problematik um die fast beschlossene Vorratsdatenspeicherung und den daraus folgenden Konsequenzen geht völlig unter, und das obwohl Journalisten ja direkt davon betroffen sind, da der Informantenschutz ja hinfällig wird)

4. geht es bestimmt auch um eine Trennung von Lebenswelten. Die einen wissen mehr/weniger als die anderen. Es existieren definitiv Parallelwelten. Und es konstruiert ja auch den "anderen" - keiner will Bild-Zeitung-Leser sein, oder etwas mit einem zu tun haben.

Wer mehr über Fnords wissen will: hier ein sehr unterhaltsamer Fnord-Jahresrückblick 2006, mit einem Fokus auf Technik/Netz Themen, aber dort sind die Informationsstrukturen eben auch anders.

ps: "Fnord" ist natürlich auch ein Stück Netzkultur... und gerade das Netz bietet ja die Infrastruktur, in der wir unsere Informationen selbst suchen und finden können.
(also haut rein, und postet hier was auch immer Euch relevant erscheint)

übrigens, zb über punkt 3 hatte ich selbst geschrieben und zumindest die Hälfte hatte ich irgendwie mitbe.com

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Vorratsdatenspeicherung

ist eh ein ganz problematisches Wort, weil es so positiv klingt. Aber damit muss man leben, es ist nichts schlimmer als Begriffe zu ändern, nur weil sie nicht den richtigen Klang haben. Die CSU hat z.B. in den 80er Jahren eine zeitlang vom Baumsterben geredet, weil sie Waldsterben zu dramatisch fand.

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Propagandamodell

Ich verweise den geneigten Leser auf das "Propagandamodell" von Noam Chomsky und Edward S. Herman. Kurzfassung auf: http://de.wikipedia.org/wiki/Propagandamodell

Nachzulesen bspw. in: Chomsky, Noam 2002 [1989]: Media Control. Wie die Medien und manipulieren Hamburg. 191pp.

oder: Chomsky, Noam; Herman, Edward S. 2002 [1988]: Manufacturing Consent. The Political Economy of the Mass Media. New York.

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Ich wäre mir nicht so sicher ob mit Massenmedien immer nur die Bildzeitung gemeint ist, oder ob nicht gerade das Internet auch ein Massenmedium ist. Ich lese häufiger mal die Süddeutsche und fühle mich dann immerhin halbwegs auf dem Laufenden und gut informiert. In dieser könnte eine Meldung wie "Pauschale Bonitätsprüfung" durchaus ein vielgelesener Artikel werden. Ich glaube ja selbst nicht an Verschwörungen, das wäre zu einfach, sondern würde auch eher von ökonomischen Filtern ausgehen, oder von andern, komplexen Mechanismen, durch die die viel zu große Menge an Informationen und Nachrichten auf ein überschaubares Maß reduziert wird.

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Klar ist das Internet ein Massenmedium. Aber im Unterschied zu ner Zeitung kostet es nur einmal (und dann hat man potentiell unbegrenzt Zugang zu theoretisch allen Nachrichten dieser Welt) und außerdem versuche ich das "überschaubare Maß" der "großen Menge an Informationen und Nachrichten" selbst zu setzen. Also das Maß.... schließlich gibt mir die heutige Technik (zb über rss-feeds bzw dynamische Lesezeichen) die Möglichkeit dazu. (mehr?)

Trotzdem hast du natürlich recht. Auch meine Filter können nur filtern was da überhaupt erst da ist.

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und nochmal zum dritten Punkt. Der Spiegel schreibt heute was drüber ..

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Jetzt kommt die Pauschal-Bonitätsprüfung!

wär das wohl eher in BILD-Sprache

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