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Dept. of Publications, kerleone, November 28, 2008 at 11:19:44 AM CET "Wie ein gut gewürztes Currygericht" Mal wieder war ein Leserbrief an eine Münchner Zeitung nötig, diesmal die Süddeutsche Zeitung, Frank Heidemann, Professor an unserem Institut, hat ihn geschrieben:An den Chefredakteur der SZ Herrn W.H. Kilz Betr.: Kommentar ihres Chefkorrespondenten S. Klein gegen Indien "Indiens innerer Feind", Ausgabe vom 28.11.2008, Seite 4 Sehr geehrter Herr Kilz, die terroristischen Anschläge in Mumbai sind erschreckend, und der Kommentar von Herrn S. Klein, ihrem Chefkorrespondenten, leider völlig haltlos. Obwohl einige kluge, wenn auch nicht originäre, Ideen im Kommentar verpackt sind, fügt sich der Tenor jedoch in einen orientalistischen Repräsentationsmodus des 19. Jahrhunderts. Ich möchte nur auf zwei Zitate verweisen, die Sie sich bitte auf der Zunge zergehen lassen sollten. "Gewalt gehört zu Indien wie ein gut gewürztes Currygericht." Dies ist sachlich falsch, denn über eine Milliarde Menschen leben seit über 60 postkolonialen Jahren in einer weitgehend funktionierenden Demokratie. Gewalt gibt es in jeder Gesellschaft, in Mumbai mehr als in anderen Landesteilen, doch weniger als in vielen anderen Teilen der Welt. Mit diesem Satz wird Gewalt als essentiale Qualität einer Gesellschaft zugeschrieben, die jetzt Opfer von terroristischen Attacken wurde, und zugleich banalisiert. "Gefühle geraten in Indien leicht in Wallung, Mordlust ist ohne großen Aufwand hervorzurufen, und nach einer Nacht wie dieser stellt sie sich nahezu automatisch ein." Hier wird Mordlust (was dies genau ist, müssen Sie wohl Herrn Klein selbst fragen) als ein Automatismus und potentielle Eigenschaft einer ganzen Gesellschaft beschrieben. Dies klingt für mich nach Rufmordlust, und Herr Klein bedient genau das Streben der Terroristen: Nach dem gezielten Angriff auf Ausländer soll Indien international als blutrünstig erscheinen. Ich selbst forsche seit 25 Jahren über Indien, bin jedes Jahr vor Ort, und muss diesem Bild vehement widersprechen. Herr Klein entwickelt sich zum "inneren Feind", so seine Überschrift, unserer eigenen Gesellschaft. Mit freundlichem Gruß Frank Heidemann Professor für Ethnologie Ludwig-Maximilians-Universität München ... Comment |
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