Ethno::log |
Dept. of thoughts, lekke m., September 16, 2006 at 6:21:33 PM CEST Leute mit Löchern im Kopf. Ein interessantes Phänomen, das sicher auch im ethnologischen Kontext eine Betrachtung wert wäre: Trepanation nennt man den medizinischen Eingriff, bei dem ein kleines (1-5cm) Loch in die Schädeldecke gebohrt wird, das anschließend, lediglich von einer dünnen Hautschicht bedeckt, offen bleibt. Durch diese Öffnung wird dem Gehirn das Pulsieren mit dem Blutkreislauf ermöglicht, was sonst, aufgrund der im Laufe der Kindheit zuwachsenden Fontanelle, nicht gegeben ist. Zudem kann auch der Sauerstoff- und Zuckergehalt im Gehirn gesteigert werden, was sich positiv auf die Sinneswahrnehmung und die psychische Verfassung auswirken soll: durch die Druckkammer, in der sich die Gehirnmasse im Normalfall befindet, bleibt die Blutmenge, und somit auch die Sauerstoff- und Zuckermenge, die durch das Gehirn gepumpt wird, konstant. Durch ein Loch in der Schädeldecke kann hingegen Hirnflüssigkeit entweichen, zugunsten von rund 90 Millilitern Blut - die Hirnaktivität nimmt zu. Dem Anthropologen John Verano zufolge ist die Trepanation einer der ältesten medizinischen Eingriffe der Menschheit. Einen in Frankreich gefundenen trepanierten Schädel datiert man auf ca. 5000 Jahre v.Chr., an die tausend trepanierte Schädel wurden in Bolivien und Peru gefunden. Ihr Alter reicht von 400 bis zu 2500 Jahren. Auch überall in Europa gibt es zahlreiche Funde trepanierter Schädel, in Dänemark, Schweden, Polen, Frankreich, Spanien und auf den britischen Inseln. Hier wird von einer 12,000-jährigen Geschichte der Trepanation ausgegangen. In den 1960er Jahren haben einige Anhänger des niederländischen Mediziner Bart Huges die Trepanation durch Selbstversuche und Happenings in der Kunstszene propagiert. Die britische Künstlerin Amanda Fielding machte aus der Trepanation gar ein politisches Programm: sie kandidierte 1978 mit der Forderung der Trepanation zur Heilung der Nation – sie erhielt in Chelsea um die 40 Stimmen. Ein Effekt der Trepanation ist die Bewusstseinssteigerung: durch die Befreiung seines Gehirns aus dem hydraulischen Gefängnis erfährt der trepanierte Mensch ein natürliches „High“, das ihn zurück in einen kindlichen Wahrnehmungszustand führt. Bei den alten Schädelfunden können wohl rituelle Trepanationen angenommen werden. Den experimentierfreudigen Künstlern der 1960er Jahre galt die Trepanation dagegen als Ergänzung zu ihren LSD-Erfahrungen. Doch auch in der Medizin hat die Schädelöffnung eine lange Geschichte: bei Kopfschmerzen oder bei psychischer Krankheit griff man gerne zum Bohrer, um böse Geister - oder Blutgerinsel - zu entfernen. Schulmediziner weisen jedoch die Bewusstseinssteigerung durch die Hirndruckveränderung zurück: die bis zu einem Zentimeter großen Öffnungen in den Schädeln ihrer Patienten, durch die zu medizinischen Zwecken Gehirnsonden eingeführt wurden, haben ihrer Meinung nach keinen psychischen Effekt bewirkt, eine physiologische Beeinträchtigung des Bewusstseins lässt sich nicht nachweisen. Sie tun Anhänger der Trepanation als krankhafte Selbstverstümmler ab. Was ist dran an der Sache? Habt ihr darüber was gelesen? Gibt es ethnologische Literatur zu dem Thema? Artikel in der "Zeit" ... Comment
kipa, April 8, 2007 at 10:39:21 AM CEST
Schädelöffnung hilft nach Schlaganfall
Der Text dieser Meldung ist unter kipa ... Link ... Comment |
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