Ethno::log
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Lügenmärchen


Volkskunde gelingt Durchbruch in der Erzählforschung
Am allerersten Tag des Ethno::logs, dem 29. Oktober 2002, haben wir die story Link to Nigeria geposted. Bald folgte Problems with Nigerian Frauds are getting bigger und schließlich 2004 der etwas mehr Hintergrund bietende Artikel Scambaiters. Mit "Scambaiters" wollten wir zeigen, daß "419 Scam" (die berühmt-berüchtigten Trickbetrüger e-mails) nicht nur ernstere Konsequenzen nach sich ziehen kann, sondern auch zu einem Teil eines vielschichtigen Tricksterspiels geworden ist. Zu einer Real- oder Metasatire der online-Kultur. Und des Tricksters Atem reicht lang ...

Aber jetzt endlich beschäftigt sich auch die Wissenschaft mit dem Phänomen, nicht nur obskure weblogs wie dieses hier. Namentlich Vertreter des zu globalen Themen berufene ehemals sogenannte Fach Volkskunde. Klaus Leth hat für Associated Press (AP) eine Story verfasst, in der er sich auf Aussagen des Münchner Volkskundlers Klaus Roth bezieht. Spiegel Online, Stern online, die Stuttgarter Zeitung online und das Bocholter-Borkener Volksblatt online haben den Artikel veröffentlicht. Hier ein Auszug:

Es handelt sich hier um fantastische E-Mail-Geschichten, mit krimineller Absicht", sagte der Volkskundler Klaus Roth auf einer Fachtagung in Marburg. Die betrügerischen Mails stünden ganz in der Tradition der Lügengeschichten: Aber statt wie früher den Leser einfach zu unterhalten, solle dieser selbst aktiv werden und Bankgeschäfte tätigen. [...] Auch in Zukunft werden Internetnutzer wohl Lügenmärchen in ihrem Postfach finden. Laut Roth gibt es in Nigeria Tagungen, bei denen Interessierte lernen können, wie man mit Mails viel Geld verdienen kann. Vorträge mit Titeln wie: "Mache viel Geld mit sehr wenig Mühe", "Grammatikfehler: Die optimale Anzahl" oder "Sind zehn Millionen E-Mails am Tag zu viel?" sollen den größtmöglichen Profit gewährleisten.

Zu ergänzen wären noch die Themen "The effectiveness of using all UPPERCASE characters." (Kategorie Debate) und "The taxman he's a comin': Keeping good and accurate records" (Kategorie Accounting).

Auch Elite Trading hat sich die story zu eigen gemacht. Vielleicht versuchen ein paar Elite-Leser, zukünftige experteninformierte Elite-Manager bereits, sich für die nächste solche Konferenz zu registrieren, die Teil eines Elitestudiengangs werden könnte? Wir haben weder Kosten noch Mühen gescheut (d.h. wir haben weblogs gelesen), um ihnen die notwendigen Informationen zukommen zu lassen:

Register Now!

Registration is via a confidential money transfer.

Send your bank's name, account number, your name, address, telephone number, and fax numbers. Please note again that this transaction is strictly confidential and as such should be kept secret. Be rest assured that this transaction is 100% risk free.

Kindly send the requested information (in complete confidence) to:

Nigerian EMail Conference c/o Abuja Sheraton Hotel Abuja Ladi Kwali Way Abuja, NG PMB 143

Leider ist The 3rd Annual Nigerian EMail Conference bereits vorüber, aber die Official Conference Proceedings stehen online (sorry, all CAPS). Sollte das nicht genügen, findet man auf der Konferenzseite auch einen link zur Spam University [sic!]. Ignorieren Sie die letzte Zeile mit dem link More Humor ... Welcome to the trickster's jungle, Volkskunde.

Erst nachdem die deutsche blogosphere reagiert hat (siehe Nigeria Hard Boiled Egg Connection beim Schockwellenreiter und SpOn und die Nigeria-Connection bei Industrial Technology & Witchcraft), haben Stern und Spiegel Online eine Richtigstellung angehängt. Hier der disclaimer des Spiegels:

Nachtrag: Mit seiner Bemerkung über Trainings-Tagungen ist Volkskundler Klaus Roth pfiffigen Online-Satirikern aufgesessen. Die Mail-Abzocker werden sich wohl auch weiterhin auf ihre hausgemachten Grammatikfehler verlassen müssen.

Aber vielleicht tun wir ja Klaus Roth unrecht und tappen gerade selbst in eine Tricksterfalle. Denn, wenn wir korrekt recherchiert haben, handelte es sich bei der "Fachtagung in Marburg" um die Jahrestagung des Johann Gottfried Herder-Forschungsrates 2005 (Tagungsbericht), stattgefunden 2005, vom 1. bis zum 3. April ...


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translation of term ´wissenschaftlich` ?


Can someone please help me? Im not sure about translating german term ´wissenschaftlich into english, because in german it includes ´science as well as ´humanities (or ´social science, another term I ve often read). My dict. tells me I ve allready made a mistake when using english term ´academic which in there is translated as "geisteswissenschaftlich". I had thought the term ´scientific would in general refer to ´Naturwissenschaft, at least this connotation/meaning is used within a large scale of publications refering to C P Snows usage of the term. Now can I use ´scientific in a general non dividing meaning of ´wissenschaftlich ?


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Reaktion auf Augsburger "African Village"


Prof. Dr. Frank Heidemann an die Direktorin des Augsburger Zoos bzgl. des Projekts "African Village":

Liebe Frau Dr. Jantschke,

wir haben soeben ausführlich über Ihr Projekt "African Village" fernmündlich gesprochen. Wie Sie mir auch in Ihrem gestrigen Email mitgeteilt haben, hat Sie die Reaktion in den Medien ziemlich unvorbereitet getroffen. Ich möchte in Nachtrag noch einige Punkte festhalten, die mir wichtig erscheinen.

Als Direktorin des Augsburger Zoos sind Sie natürlich für die Wirkung in der Öffentlichkeit von "African Village" verantwortlich und nicht die Veranstalter. Es ist der Veranstaltungsort, der einem Ereignis die Bedeutung verleiht. Wenn der Zoo als Rahmen für eine exotisierende Darstellung afrikanischer Kulturen dient, so tragen Sie zu einem öffentlichen Bild bei, gegen das sich Sozial- und Kulturwissenschaftler seit mehr als einer Generation stellen. Ihr Vorschlag, den Zoo für Workshops zu Kolonialismus und Rassismus zu öffnen, entspringt sicherlich einer gutgemeinten Intention, kann jedoch gegen die Wirkungsmacht der gesamten Veranstaltung nichts ausrichten. In der gestrigen Ausgabe berichtet die Frankfurter Rundschau auf der Seite "Aus aller Welt" in einem vierspaltigen Beitrag unter dem Titel "Proteste gegen das "African Village" im Zoo" und in den USA wird dieses Thema von Hawaii bis Harvard diskutiert. Zu den vielfältigen Reaktionen zählen auch solche, die hier einen Beleg für eine rassistische Haltung erkennen. Im internationalen Kontext zählen nicht Ihre Intentionen und Motivationen sondern nur die Wirkung, die Sie hervorrufen.

Wenn Sie die Frage der Repräsentation von Deutschland weltweit und von afrikanischen Kulturen in Deutschland - auch vor dem historisch belasteten Hintergrund der zoologischen Gärten - ernst nehmen, sehe ich zur Schadensbegrenzung nur zwei Möglichkeiten. Entweder widmet sich ihre Institution mit ganzer Kraft dieser Problematik und äußert sich selbst zu diesen Themen. Eine solche Umwidmung der Veranstaltung sollte sicherlich auch zu einer veränderten Bezeichnung des gesamten Projekts führen. Oder Sie finden den Mut, die geplante Veranstaltung abzusagen, was in der Öffentlichkeit sicherlich als ein Zeichen der Stärke gewertet werden würde.

Via Ethnologik!


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what is your worldview?


This is nice. 32 questions composed to find out one`s perspective on the world.

"Life has been a self-alienation of the divine and we're moving closer to realizing our true nature." Agree? "Humans created God." Agree? "Mankind is condemned to be free. (there is no outside control)" Agree?

Find out wether you are a ´Postmodernist like John Norvell or a ´Cultural Creative like me *smile (sharing this attribute with 81% of the participants currently), an idealist or a materialist perhaps? It´s fun.

via entry at Motes and Theories on Anthropology


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Language Puzzle


Here I have a little puzzle for all travelers and language specialists. A student from our institute wrote me: "I got this track [no download - send me an email] from a friend who also knows neither the title nor the artist. But that's not my concern - I wanna know which language the guys speak... (some proposals: Flemish, Swedish, Welsh, Hungarian, Romanesque, French,English, Dutch, German.... even Esperanto - but all native speakers Iasked abnegated) So PLEASE, tell me which language it is!"


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Exhibition :: Black Boxes


City of Science 2005 -- Science goes Public ?

In Bremen, north up Germany, at May 17th an exhibition titeled Black Boxes has been opened to the public. These are 16 containers which in triplets are dedicated to the following headlines: Simply Sophisticated or Simple Complexe [Einfach Komplex], Ocean Climate [Meer Klima], Close-Ups [Nah-Aufnahmen], Hidden Order [Verborgene Ordnung] and Between Earth and Sky [Zwischen Himmel und Erde]. Each container seeks to intermediate a certain scientific topic. (´Scientific including <i>Cultural Science</i> = ´Kulturwissenschaft. We--by the way--really seem having to do some precisement on vocabulary and F5 certain terms in english, for german studs of anthropology trying to use english to articulate within academia indeed find themselves beamed straight into Turm of Babel, targetting two problems: active participation of german studs--and grads--to ethnolog in english language on the one hand and the general ... Eigenschaft ...-> peculiarity of language in terms of representation on the other. But back to topic. Theres e.g. the containers ´Magnetism and ´Surfaces belonging to the theme ´Hidden Order`. Another container is dedicated to The Evil ["Das BÖSE - eine einfache Lösung für ein komplexes Problem"] and this for me is of especial interest, because it has derived off a former Cultural Science students project of our university, supervised by Dorle Dracklé. Moreover I do know at least half of the involved students and had followed the development of the project by what they had told me during work in process.
So indeed, I´m pretty curious, but not only on that container. The whole exhibition is highly interesting in regards of mediating science.

(All containers including titles listed in german <a href="www.stadtderwissenschaft-2005.de"<>here, if someone feels like being able to translate them easily, please go forward.)
Black Boxes will move around Bremen up to Oct 12th within a three weeks turnus. Until June 5th it is situated in front of the Überseemuseum Bremen close to Central Station, afterwards it will be moved to several explicitly non central locations--seeking to place the content as close to the audience`s everyday lifes as possible, corresponding with its interactive representations, at least this is the plan.
I will give further report after having visited it myself. (And when I ve found out about the 16th container.)

via everyday life.
initial hint by dorle dracklé in class last semester.


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Alternative Forschungsfinanzierungsmodelle


Die Stipendiensituation ist für Kulturwissenschaftler hochgradig angespannt. Alternative Finanzierungsmodelle haben den Vorteil, die Themenwahl in keiner Weise einzuengen. Und eine Forschung ist immer besser, als auf der Straße zu stehen.


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A new Völkerschau at the Zoo?


The zoo of Augsburg/Germany is planning to open a "african village" with people from africa "situated in an unique African steppe landscape", critically reported Norbert Finzsch, professor of History at the University of Cologne. The opening of the show is scheduled for July 9 - July 12 2005, in an email to our institute.

Even if the show will not exhibit people in cages like animals, but as artisans, silversmiths, basket makers and traditional hairdressers in a village, the are some implications with this idea. First of historical dimension, as the infamous "Völkerschauen" from the german zoo hagenbeck led to the death of many people, caused by malnutrition, bad living conditons and diseases. Second - and this didn't change since Hagenbeck - the displacement of humans in the realm of animals in an atmosphere of exotism and as part of the nature they are living in.

It's remarkable, that scientists at our university are researching the historical dimension of the Völkerschauen in the 19th century while the zoo of augsburg in about 80km distance is carrying on this tradition in the 21th century. See also this paper from Kurt Jonassohn (thnx to anthropologi.info).

But what do you think? Is there any chance to invite african artist to a zoo without making the same misstakes as 100 years before? Is it positive racism that we fear that artists in a zoo get mistaken for animals? I wrote a letter to the zoo and asked them for their view of things.


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Praxis des ethnographischen Films für Kultur- und Sozialwissenschaftler/innen


Die dreiwöchige Summer School hat zum Ziel, aufbauend auf den Unterrichtstätigkeiten an den Hochschulen Studierende und Wissenschaftler/Innen vertiefend auszubilden. Gearbeitet wird mit digitalen Aufnahme- und Bearbeitungstechniken. Spezielles Augenmerk wird auf filmsprachliche Elemente und die Besonderheiten der ethnographischen Aufnahmesituation gelegt. Ziel ist es, anhand der Herstellung eines kleinen Films über ein lokales Thema die methodischen Grundlagen zu erarbeiten.

Anmeldung bis 31. Mai 2005!!!!

Vom 25.07. bis 12.08.2005 (inkl. Wochenende) in der ...

IWF Wissen und Medien gGmbH Nonnenstieg 72 37075 Göttingen

Mehr Infos unter: www.iwf.de/summerschool.htm


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Manifest Destiny


This is a 20 minutes paper on the concept of Manifest Destiny I ve presented in class within the Dept.of History at University Bremen last year. Unfortunately german version available only. I perhaps will manage to translate it one day.

"Comprendre--c`est faire la différence."

Am Nachmittag des 11.September 2001 beendete ich meine Arbeit Vom Begriff der Selbstregulierung. Als ich an diesem Nachmittag meine Wohnung verließ, war "die Welt draußen" eine andere geworden. "Draußen" ist hier ganz konkret räumlich gemeint, denn bestimmte Veränderungen fanden und finden sowohl im Öffentlichen als auch im privaten Raum statt; "die Welt" in Anführungszeichen, weil sich mit dem Anschlag auf das World Trade Center in New York natürlich nicht die Welt in ihrer tatsächlichen Gesamtheit vollkommen verändert hatte. Rückblickend betrachtet wirkte der Anschlag vom 11.09.2001 die Westliche Welt betreffend, besonders in Zusammenhang des letztes Irakkrieges unter der Administration George Bush Jr. stark polarisierend. Beispielhaft hierfür ist die Entstehung des Begriffs des Neuen Europas und die darin implizierten Zusammenhänge und Veränderungen auf international institutionalisierter Ebene, aber auch: des ´Neuen Europa` als Option einer nationsübergreifenden und darüberhinaus erstmalig wieder positiv konnotierten/konnotierbaren kollektiven Identifikationsplattform für die Deutschen. [read more..]

Die Reaktionen der Menschen, mit denen ich mich am Nachmittag des 11. September unterhielt, lassen sich grob in zwei Gruppen teilen: Auf der einen Seite waren vielfach Ausdrücke von starker Betroffenheit und auch aufkeimende Angst, selbst von solcherart Anschlägen bedroht zu sein. Auf der anderen Seite äußerte sich eine distanzierte Haltung, die zunächst unter vorgehaltener Hand, aber dann immer direkter ausgesprochen wurde und im Wesentlichen aus zwei Aussagen bestand: Erstens: die US Amerikaner hätten sich selbst in diese Situation hineinmanövriert. (Irgendwie wußte jeder genau, wer für den Anschlag verantwortlich war. Das erschien mir seltsam und bemerkenswert, möchte aber nicht weiter darauf eingehen) und die andere, mit einem Unterton des Unverständnisses an diesem Tag häufig geäußerte Bemerkung war, daß sich US Amerikaner "für etwas Besseres hielten". Der ersten Aussage, dem Vorwurf der Selbstverschuldung, könnte man verschiedene geläufige Implikationen unterstellen: eine Art Expansionismuskritik, etwas Imperialismuskritik, ein wenig Grundsatzkapitalismuskritik, ein bißchen Globalisierungskritik und nicht zuletzt die Kritik an der Moderne selbst--die zweite "kritische" Bemerkung des Nachmittags öffnet thematisch das Feld des American Exceptionalism. Der Inhalt beider Aussagen streift zwei große komplexe Aspekte US Amerikanischer Geschichte, nämlich einerseits den territorialen Prozess der Nationalstaatsbildung und andererseits den Prozess der Nationalidentitätsbildung.

Das ´Manifest Destiny` bietet sich dazu an, diese miteinander verbundenen Prozess historiographisch zu erschließen. Zu diesem Zweck unterscheide ich zwischen einem engeren und einem weiteren Begriff des Manifest Destiny. Der engere Begriff bezieht sich auf die Nationalstaatsbildung inform der territorialen Expansion im Verlauf des 19. Jahrhunderts, der weitere Begriff versteht das Manifest Destiny als Teil des Mythos Amerika.

Der Ausdruck als solcher wird in den USA in den 1840er Jahren besonders durch die Publikationen des New Yorker Journalisten und Rechtsanwalts John O´Sullivan in seinem Magazin The United States Magazine and Democratic Review populär. In einem seiner Artikel überschrieben mit "The Great Nation of Futurity" von 1839 (Vol.6, Issue 23, p.426-430) heißt es: "The far-reaching, the boundless future will be the era of American Greatness. In its magnificant domain of space and time, the nation of many nations is destined to manifest to mankind the excellence of divine principles; to establish on earth the noblest temple ever dedicated the worship of the Most High - The Sacred and the True. Its floor shall be a hemisphere - its roof the firmament of the star-studded heavens, and its congregation an Union of many Republics, comprising hundreds of happy millions, calling, owning no man master, but governed by God´s natural and moral law of equality, the law of brotherhood - of peace and good will amongst men. ( ... )"

Sechs Jahre später veröffentlicht OSullivan im Juli 1845 in demselben Magazin den Artikel, der als historische Geburtsstunde des Begriffes ´Manifest Destiny ins Allgemeinwissen einging und schrieb: ... the fulfillment of our manifest destiny (is) to overspread the continent allotted by Providence for the free development of our yearly multiplying millions. (...)"

Im engeren Sinne bezieht sich der Begriff auf die Verschiebung der Westgrenze des Staatsterritoriums Richtung Pazifikküste und liefert gleichzeitig eine Legitimation hierzu. Diese besondere Legitimation der territorialen Expansion wird innerhalb der nichtamerikanischen und innerhalb der nichtwissenschaftlichen Rezeption des Begriffes ´Manifest Destiny` zum Teil überbewertet, während andere Antriebsfaktoren der kontinentalen Expansion weniger Eingang ins Allgemeinwissen finden, wie:

  • Migration (Bevölkerungszahl USA nationaler Census 1790: 3,9 Millionen gegenüber 1850: 23 Millionen Bevölkerungszahl)
  • Ökonomie (Freies Wirtschaftswachstum: a) Exportnation = dauernder Bedarf nach Märkten; b) innenpolitisch gesellschaftl. Ausgleichsfunktion)
  • Politik (Isolationismus <-> Interventionismus / 1823 Monroe Doktrin: Proklamation Hegemonialstellung in der westl. Hemisphäre) Eine sehr sorgfältige Darstellung findet sich bei Gary B. Nash und Julie Roy Jeffrey: The American People. Creating a Nation and a Society.

Es fällt auf, daß wenn man das Manifest Destiny im Kontext des US Amerikanischen Expansionismus begreift, die Verortung des Phänomens in die 1840er Jahre reichlich spät erscheint angesichts der Tatsache, daß beispielsweise bereits im Kauf von Louisiana 1803 unter Thomas Jefferson eine derartige kontinentale Expansionsbewegung vorlag. Insofern, als daß eben jene oben angesprochenen Antriebsfaktoren zum Teil bereits dieselben waren, die gut vierzig Jahre später zur Annexion von Texas führten (1845), die die kriegerischen Handlungen gegen Mexiko beeinflußt haben, welche zur Abtretung des pazifischen Süd-West-Territoriums und Californiens führten, 1867 den Kauf von Alaska motivierten und schließlich die Phase der interkontinentalen Expansion und die Ära des politischen Interventionismus einleiteten.
Eine zentrale Rolle hatte das Manifest Destiny beispielsweise bereits 1830 bei der Legitimation des Indian Removal Act inne, in welchem die Umsiedlung des Stammes der Cherokee von Georgia nach Oklahoma verabschiedet wurde. Die Umsiedlung fand aufgrund der vielen Toten, die der Marsch forderte, als Trail of Tears Eingang in die Geschichte und ist ein Beispiel für die sog. Dunkle Seite des Manifest Destiny, welches sich ganz im Geiste des 19. Jahrhunderts auf den weißen protestantischen Amerikaner bezog und sowohl Native Americans als auch Sklaven ausschloß. Gegen Ende des 19. Jahrunderts verstärkten sich die diese Hegemonialstellung betonenden Aspekte innerhalb der Proklamation des Manifest Destiny in Zusammenhang mit dem Populärwerden des Sozialdarwinismus und allgemeiner Rassentheorien.

Die Begriffsbestimmung im engeren Sinne an dieser Stelle abbrechend, möchte ich noch zwei Aspekte nennen, die mir besonders interessant und einer eingehenderen Betrachtung würdig scheinen: Die Benutzung des Begriffes Manifest Destiny im Zusammenhang der von Andrew Jackson neu eingeführten Art des Massenwahlkampfes 1828 und die Benutzung des Begriffes insbesondere zur Zeit des Amerikanisch-Spanischen Krieges ab 1898 in Zusammenhang mit der Entstehung der sog. Yellow Press durch William Randolph Hearsts Magazin Journal und Joseph Publitzers Zeitschrift World.

Der Begriff des Manifest Destiny im weiteren Sinne, als Teil des Mythos Amerika, liefert einen Zugang zu Aspekten des kulturellen Selbstverständnisses von US-Amerikanern. In der Essaysammlung Introduction to American Studies, Edinburgh 1998, ed. von Howard Temperley und Malcolm Bradbury finden sich in der Einleitung als auch in den ersten Kapiteln gut nachvollziehbare Untersuchungen, die den Prozess der Idealisierung Amerikas, des Landes im Westen, zum Gegenstand haben. Dieser beginnt nicht mit der Entdeckung des Christoph Columbus im Jahr 1492, sondern mit der Erfindung Amerikas, die sehr viel früher in der Geschichte verortet wird. Bereits in der Antike kursieren mythische Vorstellungen, Sagen und Spekulationen über ein Land hinter dem westlichen Horizont; die Atlantis Sage ist eines der Beispiele hierfür. Der ab 1492 in Europa bekannt werdende neue Kontinent faszinierte besonders durch die Autonomie seines geschichtlichen Prozesses vom Werden Europas. Die Existenz einer Terra Incognita beflügelte in Europa die Entstehung von allen denkbaren Arten alternativer Geschichts- und Gesellschaftskonzeptionen. Diese vielgestaltigen utopischen Vorstellungen wurden von den europäischen Einwanderen in die Neue Welt hineintransportiert und nach dem Unabhängigkeitskrieg Teil des Gründungsmythos der USA. Besonders John Winthrops Entwurf der "City upon a Hill", worin die Amerikaner ein von Gott auserwähltes Volk seien, um eine blühende Zivilisation inmitten der Wildnis zu errichten und allgemeine puritanische Werte und Vorstellungen wie die Prädestinationslehre wirkten u.a. prägend in die nationale Mentalität der weißen US Amerikaner hinein.

Wir haben also auf der einen Seite die territoriale Expansion des Nationalstaates im 19.Jahrhundert und auf der anderen Seite den Einfluß der Gründungsphase auf das US Amerikanische Selbstverständnis. Beides sind Phänomene, deren Komplexität ich in diesem Rahmen nicht gerecht werden kann, allein ich hoffe, daß soweit deutlich geworden ist, daß Manifest Destiny etwas ist, das einem geschichtlichen Prozess unterworfen und somit analysierbar ist.

Annariitta Grzonka 2004 Universität Bremen


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Schwarze dümmer als Weiße, mal wieder.


Überall kommen neue "wissenschaftliche" Belege für die These auf, dass Rassen bedeutende genetische Vor- oder Nachteile haben, die sich gesellschaftliche auswirken. Wichtigste und gefährlichste These aus diesen Zirkeln ist, dass Schwarze von Geburt an dümmer sind als Weiße. Erst vor kurzem hat eine Dozentin an unserem Institut, Gabriele Herzog-Schröder, einen kritischen Leserbrief an das "Spektrum der Wissenschaft" geschrieben. Hier hat sie sich vor allem mit den verwobenen Begriffen von Ethnie, Rasse und Genanlage beschäftigt.

In den USA ist nun ein Buch erschienen: "Race. The Reality of Human Difference. Westview Press, Boulder, Colorado 2004." Die Autoren Vincent Sarich (Professor Emeritus in Berkely) und Frank Miele behaupten darin, dass der Intelligenzquotient der subsahrarischen Rasse ziemlich konstant 70 Punkte betrage. Was ziemlich dumm wäre.

Damit versuchen sie auch gegen sogenannte "Race Deniers" zu argumentieren, die die herausragende Bedeutung von Rasse nicht erkennen wollen (zu denen ich mich zähle).

Glücklicherweise übernimmt der SZ-Autor Burkhard Müller in seiner Rezension die Aufgabe, das Buch heftig zu kritisieren. Er argumentiert dabei nicht aus ethnologischer Perspektive, aber das stört nicht, denn seine Argumentation ist sehr überzeugend. Allein der Umstand, dass in den 300 Seiten des Buches kein Wort über den Intelligenzquotienten verloren wird oder darüber, was dieser eigentlich misst, ist ein kapitaler Fehler. Burkhard deckt weitere methodische Schwächen auf.

Die biologische Argumentation über die Falschheit der Reduktion von Genpools auf Hautfarbe und die ethnologische Argumentation der Bedeutungslosigkeit von genetischen Unterschieden zwischen Ethnien gegenüber kulturellen Unterschieden kann man sich also an dieser Stelle sparen.


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Dina's Social Software Blog


One of the best places to stay informed on social software and networks is Dina Mehta's Blog "Conversations with Dina".

via antropilogi.info


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